Stillstand ist Rückschritt – oder: Wie man seine Grenzen erweitert

Martina Teichgräber Mein beruflicher Werdegang begann mit dem Ziel, Masseurin und medizinische Bademeisterin zu werden, ausgelöst durch den Wunsch zu „behandeln“, mit den Händen zu handeln und Patienten ein Stück Gesundheit, ein Stück eigene Handlungsfähigkeit zurückzugeben. Im Jahr 1983 hatte ich mein Staatsexamen als Masseurin und medizinische Bademeisterin in der Hand und legte voller Tatendrang los. Doch leider merkt man in der Praxis schnell, wie unvollständig oftmals eine noch so gute Ausbildung ist. Es folgte 1985 die erste „größere“ Weiterbildung bei der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie an der Feldbergklinik zur ärztlich geprüften Lymphdrainage- und Ödemtherapeutin. Das erlaubte mir nun, weitere Patienten zu behandeln, die an primärem, also angeborenem Lymphödem leiden und Patienten mit sekundärem, also erworbenem Lymphödem, das z. B. nach Krebsoperationen oder Verletzungen entstehen kann. Es folgten noch einige kleinere Fortbildungen, bis 1992 die nächste große Weiterbildung als Sportphysiotherapeutin beim Verband Physikalische Therapie anstand. Anlass war die immer größere Anzahl an Freizeit- und Leistungssportlern in der Praxis. Im Jahr 1993 wurde ich in der Marnitz-Therapie ausgebildet, was ich vor allem deshalb vornahm, um Ödempatienten Linderung zu verschaffen, die keine Massage bekommen durften.

So konnte ich im Laufe der Jahre die Grenzen meiner Behandlungsmöglichkeiten immer wieder etwas weiter stecken. Da die Grenzen des eigentlichen Berufes jedoch erreicht waren, entstand der Wunsch nach einer ergänzenden Berufsausbildung als Physiotherapeutin. 1996 hatte ich mit dem Staatsexamen als Physiotherapeutin ein neues großes Ziel erreicht. Um ein möglichst großes Hilfe- und Therapieangebot anzubieten und meinen eigenen Lernprozess nicht einschlafen zu lassen, folgten wieder einige Weiterbildungen. Diese waren 1997 das Diplom zur Brügger-Therapeutin beim Forschungs- und Schulungszentrum Dr. Brügger Murnau und 1998/1999 die Ausbildung in Craniosacraler Therapie, u. a. bei Torsten Liem. Diese Therapie kommt heute häufig in meiner Praxis zur Anwendung. 2000/2001 absolvierte ich die Ausbildung in Manueller Therapie bei der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin, Dr. Karl-Sell-Ärzteseminar Neutrauchburg, Deutscher Arbeitskreis für Manuelle Therapie.  Im Jahr 2003 stand mit den Visceralen osteopathischen Techniken wieder einmal die Osteopathie auf meinem Lehrprogramm. Ebenfalls 2003 bildete ich mich in der Befundaufnahme und Behandlung nach dem Bobath-Konzept bei Erwachsenen weiter.

Dank des großen Fundus an Behandlungstechniken war es mir möglich, über einen langen Zeitraum erfolgreich zu therapieren. Doch die Grenzen der osteopathischen und physiotherapeutischen Maßnahmen wurden mit der Zeit immer deutlicher sichtbar. Wenn ein Patient über Jahre hinweg immer wieder mit denselben Beschwerden zur Behandlung kommt, hat das mit nachhaltiger Heilung nichts zu tun. Die Frage nach dem „Wieso“ und „Warum“ stellte sich mir immer häufiger. Schließlich entstand mein Wunsch, nicht mehr als Physiotherapeutin im Auftrag der Ärzte tätig zu sein. Vielmehr wollte ich selbst nach den Ursachen der Erkrankungen suchen, Diagnosen stellen und eine Therapieform wählen, die individuell Hilfe verspricht. Es war wieder einmal an der Zeit, meine Grenzen weiterzustecken.

Da ich selbst seit Jahren nur gute Erfahrungen mit der Homöopathie gemacht habe, wollte ich mit dieser auf Naturgesetzen beruhenden Therapie arbeiten. In dem Zeitraum von 2005 bis 2007 absolvierte ich meine Ausbildung in Klassischer Homöopathie an der AMARA Schule Wolfenbüttel mit einer Abschlussarbeit über Rückenschmerzen und bereitete mich gleichzeitig auf die Heilpraktikerprüfung vor. 2007 erteilte mir das Gesundheitsamt Salzgitter nach erfolgreichem Bestehen der Prüfung die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung. Seitdem darf ich als Heilpraktikerin tätig sein. Die klassische Homöopathie erweist sich in meiner Praxis als „Königsweg“ und wird nicht nur durch praktische Erfahrung, sondern auch durch regelmäßige Fortbildungen erweitert. Alle anderen Therapien können – falls erforderlich – ergänzend eingesetzt werden.

Um in all den Jahren des Arbeitens und Lernens nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren und einen klaren Kopf zu behalten, habe ich auch etwas für mich selbst getan. Da sich vieles im Leben wie von selbst regelt, fand ich ohne großes Zutun den Weg zum Reiki, den ich bis zum Meister-Grad gehen durfte. Reiki bietet Hilfe zur Selbsthilfe und öffnet das Herz für die wahren Dinge des Lebens. Diese Möglichkeit zur Selbsthilfe gebe ich heute gerne in von mir geleiteten Seminaren weiter.

Seit vielen Jahren sind mir meine Patienten ein großer Ansporn, um mein Wissen und somit meine Grenzen zu erweitern. Gleichzeitig durfte ich viel von ihnen lernen. Das alles war jedoch nur durch die große Unterstützung meines Mannes möglich. In all den Jahren sorgte er dafür, dass mir die Zeit blieb, sämtliche Schulungen und Ausbildungen konsequent durchzuführen. Und wenn ich heute aus der Praxis in die Wohnung komme, weiß ich, dass er wieder etwas Leckeres gekocht hat. Sie fragen sich, was es ganz „Normales“ in meinem Leben gibt? Nun, ich unternehme gerne ausgedehnte Spaziergänge, lange Motorradtouren und lese alles, was mir in die Finger fällt. Nebenbei stelle ich mich technischen Herausforderungen wie der Bedienung meines Laptops oder seit Neuestem meiner Digitalkamera, die noch nicht alles macht, was ich gerne möchte.